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Die junge Nachbarin 5

Im Hintergrund unseres Kusses läuft leise Musik. Nicht laut, nicht dominant. Die etwas heisere und doch klare Stimme von Karen Souza dringt zu mir… Diese hochkarätige Sängerin von bekannten und weniger bekannten Stücken überwiegend des Jazzgenres findet immer wieder direkten Zugang zu meinen Gefühlen, ja sogar meinem Gehirn. Garde singt sie das Stück „This Masquerade“. Der Text, so wird mir plötzlich klar, passt so auf die Situation, in der Johanna und ich uns befinden.

Are we really happy hereWith this lonely game we play?Looking for words to saySearching but not finding understanding anywhereWe’re lost in a masqueradeSind wir glücklich hier, mit diesem einsamen Spiel, das wir hier spielen, stammelnd nach Worten suchend, wir suchen aber finden keine Worte, verlieren uns in einer Maskarade…Und dann… Kennt die Sängerin unsere Situation? We’re lost inside this lonely game we play…Wir sind Verlorene in diesem einsamen Spiel…Ja, es ist die Frage: Verlieren wir uns oder finden wir uns… In den alten Büchern der Bibel werden Worte für die Vereinigung von Mann und Frau gewählt, die eine Tiefe Bedeutung haben.

„Er erkannte sein Weib!“ So steht im 1. Buch Mose 4,1: „Und Adam erkannte sein Weib Eva, und sie ward schwanger und gebar den Kain und sprach: Ich habe einen Mann gewonnen mit dem HERRN. “ Es wird Zeit, dass ich mich erkenne. Und Dich, Johanna. In den Texten der jüdischen und christlichen Tradition wird von Sündenfall als folge des Speisens der verbotenen Frucht der Erkenntnis gesprochen. Ist nicht vielmehr die Unwissenheit die Hölle, die man nur durch die Erkenntnis verlassen kann.

Die Melodie schmeichelt weiter und der Text ist doch so bedrückend:Thoughts of leaving disappearEvery time I see your eyesNo matter how hard I tryTo understand the reasons that we carry on this wayWe’re lost in a masqueradeDie Gedanken, Dich zu verlassen verschwinden, wenn ich in Deine Augen sehe. Egal wie sehr ich es versuche, die Gründe zu verstehen, die wir auf diesem Weg verfolgen: Wir sind in einer Maskerade verloren. Ja, das sind wir.

Warum spiel ich mit Dir, warum bin ich nicht offen, warum sage ich nicht wer ich bin, woher ich komme, was ich möchte, wen ich begehre, wie schön Du bist?Warum warte ich mit vorgeschobenen, vorgespielten Telefonaten? Will ich wirklich Macht ausüben? Oder habe ich Angst? Warum komme ich zu spät zum vereinbarten Abendessen? Ich ringe mit mir, zerrupfe tausend Margeritenblumen… Ich gehe, ich gehe nicht, ich gehe, ich gehe nicht…Tief in meinem Inneren wusste ich, dass ich gehe.

Ich bin wie ein Süchtiger, der sich vorgaukelt, dass er die Sucht beherrscht und doch erliegt. Das Suchtmittel ist stärker, das Spiel ist wichtiger als die Selbstachtung. Spielst Du mit mir? Willst Du mich reizen und dann fallen lassen? Wegwerfen wie ein benutztes Tissue? Kann ich Dir vertrauen? Ein alter Mann und eine junge Frau, „Die schöne und das Biest“.. Wird es ein Happy End geben?Ich beschließe, im hier und jetzt zu leben. Den Kelch zu trinken, der mir geboten wird und ihn zu leeren.

Egal, ob es berauschender honigsüßer Met oder ein Schierlingsbecher ist. Ich trinke Deine Küsse, verliere mich und merke, wie ich Dich finde. Deine Küsse sind mehr und mehr die einer Ertrinkenden. Es ist wie eine Vereinigung. Näher kannst Du mir nicht, kann ich Dir nicht sein. Nur einmal habe ich eine Frau erlebt, deren Erregung sich in einem Kuss in einem Orgasmus erlöste. Ich erinnere noch das beiderseitige Erstaunen, nur durch das Küssen, ohne Berühren von Brüsten oder Scheide zu einem Orgasmus gekommen zu sein.

Wirst Du die Penetration auch so intensiv empfinden, Dich verlieren im Strom der Lust? Ich sollte nicht mehr Fragen stellen, mir selber Antworten geben sondern schweigend genießen. Glück ist ein Schmetterling. Man genießt den Augenblick seiner Anwesenheit und sieht ihm wehmütig nach. Bleibt er für immer, ist er tot. ((Bis hierher hatte ich geschrieben, bevor Du weiteres geschrieben hast. ))Ich merk, wie die Person, die sich mir anbietet in zwei Schemen auseinander fällt. Goethe schrieb in seinem Faust: Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust, die eine will sich von der andern trennen: Die eine hält in derber Liebeslust sich an die Welt mit klammernden Organen; die andre hebt gewaltsam sich vom Dust zu den Gefilden hoher Ahnen.

Gerade, als ich mich bereit mache, die nächste „Angriffswelle“ auf Deine vermeintliche Keuschheit einzuleiten, wir mir das klar. „Zwei Seelen“ ist der Schlüssel zu Dir , vielleicht auch zu mir. Nicht Dein „Nein!“ als Imperativ bremst meine männliche Aggression sondern das Eingeständnis der Hilflosigkeit, der Einblick in Deine Vita, letztlich die Beschreibung dessen wer Du bist und wie Du geworden bist. Mit wird klar, dass nicht das Aufdrängen und Bedrängen sondern das Halten der Hand in unwegsamen Gelände geraten ist.

Ich werde von Angreifer zum Beschützer und freunde mich mit dem Gedanken an, noch lange auf eine körperliche Vereinigung warten zu müssen. Ich muss dieses Ziel einer Vereinigung dem Ziel einer tiefen Freundschaft, eines Verschmelzens der Seelen opfern. Ich bin bereit zur Transformation. Ich werde mich im Spagat zwischen Lust wecken, Lust fördern und vielleicht – irgendwann – Lust befriedigen einerseits und Behüten, Schützen und Bewahren des engelhaften Wesens andererseits üben. Erst, wenn wir um das das Gipfelkreuz tanzen, werden wir wissen, ob wir auf der Spitze angekommen sind.

Ich genieße das Streicheln Deiner Hände. Du spielst mit Ihnen und Deine Finger liegen wie kleine Vögel im Nest meiner Pranken. Meine Hände wollen Dich streicheln und gehen auf Wanderschaft. Deine Wange ist so weich und Deine Haut duftet, dass ich ganz benebelt bin. Du schmiegst Dein Gesicht in meine Hände, wie vorher Deine Hände in meine, Ich empfinde unendliche Zärtlichkeit, als ich mit meinem Daumen Deine Lippen massiere und die Hand spreize, um mich Deinem Ohr zuzuwenden.

Das schließen Deine Augen lässt mich hoffen, dass Du gerade die Grenze von der Angst vor dem was geschieht zum Genuss und der Akzeptanz überschreitest. Dein Hals, so verletzlich und auch empfindlich wird mir von Dir angeboten. Du legst Deinen Kopf schräg und wendest Deinen Kopf so, dass Du meinen Unterarm küssen kannst. Die Zeit tropft langsamer. In stiller Übereinkunft schließen unsere Seelen einen Vertrag: „Tue mir nichts Böses, dann darfst Du alles. “ ist Dein Angebot.

„Ich werde Dich achten und ehren und Dich nicht überfordern!“ ist mein Versprechen und Du lässt mich, lässt zu, lässt los…Widerstandslos lässt Du es geschehen, dass meine Hände wie dereinst Humboldt die Welt erforschte nun mine Hände Deinen Körper erforschen. „Terra incognita“, unbekanntes Land… Ich erforsche die weißen Flecken Deines Körpers und die Konturen brennen sich ein. Es bereitet mir Lust, Dich zu streicheln, Dir einen Teil Deiner Sehnsüchte zu erfüllen, den Teil, den Du zulässt.

Der fast schmerzhafte Druck in meiner Hose erinnert mich daran, dass die Natur mehr als platonische Zuneigung fordert. Doch ich bin stark, kann mich beherrschen. Dann, einige Stücke der Playlist weiter bittest Du mich zum Tanze. Wie lange habe ich nicht mehr getanzt, und tat es doch so gerne. Die Souza singt ene liebevolle Rumba und die jazzigen Töne beruhigen des gierige Wesen in mir. Ich presse Deinen Körper an mich und spüre Dein Zittern.

Ich merke, wie Deine Hingabe und Dein Schutzmechanismus miteinander kämpfen. Ich bin auch zu sehr Mann, als dass mich das kalt lassen könnte. Ich spüre Deine Brüste, die sich gegen meinen Brustkorb drücken und meine Hand ertastet den Verschluss Deines BHs. Ich könnte ihn jetzt öffnen, um Dir zu zeigen, dass es in meiner Macht liegt. Ich tue es nicht. Unsere beiden Hüften rühren und die Schenkel reiben sich aneinander. Deutlich spüre ich Deine Scham an meinem Genital und es tut mir gut, Dich im Arm zu halten.

Karen Souzas „Strawberry fields forever“ schmeichelt sich ins Ohr. Schon zu Zeiten der Beatles nannten wir das „Klammerblues“, aber die Souza hat das zu einer Rumba gemacht, die die Körper subtil in Schwingungen bringt. Ich wünschte, wir wären in einer Endlosschleife gefangen und würden immer dieses Stück hören in einem nie endenden da Capo. Wir verschmelzen im Tanz zu einem Körper. Es wiegt sich nicht mehr Deine Hüfte und meine Hüfte… Es ist ein „Wir“ entstanden.

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